Die Behandlung eines Kreuzbisses ist schon im frühen Kindesalter im Milchgebiss notwendig. In der Regel gilt es den Zeitpunkt einer kieferorthopädischen Therapie so auszuwählen, dass diese möglichst kurz und zeitgleich so effektiv wie möglich ist. Nur so können unnötige Kosten und lange Behandlungszeiten für die Patientinnen und Patienten vermieden werden. Doch wie entsteht so ein Kreuzbiss überhaupt? Wir geben Ihnen alle wichtigen Informationen in diesem Beitrag.

Der Kreuzbiss und seine Ursachen

Ein Kreuzbiss entsteht oft bereits bei kleinen Kindern. Hier sei insbesondere eine offene Mundhaltung, die aufgrund einer erschwerten Nasenatmung durch z.B. Hyperplastische Polypen zustande kommt, genannt. Die Allergiepräsenz in dieser Generation ist deutlich höher und nicht selten leiden Kinder unter Allergien und entsprechenden Wucherungen in der Nase.

Auch das sogenannte „Nuckelhabit“ kann eine möglich Ursache bei Kindern sein. Besonders junge Patientinnen und Patienten, die häufig den Daumen oder einen Nuckel im Mund haben, leiden unter einem Kreuzbiss. Doch ebenso ein insgesamt schwacher Muskeltonus sollte nicht ausser Acht gelassen werden. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass besonders ein offener Mund eine der häufigsten Ursachen eines Kreuzbisses ist.

Atmen Kinder folglich durch den Mund, fällt die Zunge nach unten und der Unterkiefer wird im Wachstum sowohl nach vorne als auch nach unten gefördert. Zeitgleich kann der Oberkiefer regelrecht kollabieren. Dieser bleibt weiterhin schmal und der natürliche Zungendruck am Gaumen bleibt aus. Dieser Zungendruck ist jedoch wichtig, um den Oberkiefer im Wachstum zu stimulieren. Es kommt sozusagen zu einer Diskrepanz im Ober- und Unterkiefer, wodurch der Oberkiefer nicht mehr zum Unterkiefer passt. Dieser rutscht durch die unterschiedliche Lage des Öfteren zur Seite, auch bekannt als „mandibuläre Zwangsführung“ oder „Unterkiefer-Verschiebung“. Aus dieser Verschiebung entsteht der Kreuzbiss.

Was ist ein voller Kreuzbiss?

Ein voller Kreuzbiss bedeutet, dass die untere Zahnreihe zur Wange hin, über die obere Zahnreihe neigt. Häufig wächst der Unterkiefer durch die daraus resultierende offene Mundhaltung immer weiter nach vorne. Ist dies der Fall, spricht man gleichzeitig von einer „Pseudoprogenie“.

Welche Folgen hat dies?

Der Unterkiefer steht nicht mehr zentral zu den Kiefergelenken und ist somit versetzt. Es entsteht automatisch ein Ungleichgewicht beim Beißen, das sich bis hin zu den Muskeln zieht. Beißt der Patient dauerhaft schief, kann es vorkommen, dass man reflektorisch den Kopf zu einer Seite neigt und so grundlegende Haltungsstörungen verursacht.

Eine weitere Begleiterscheinung ist das Knirschen der Zähne. Unterbewusst merkt der Patient, dass etwas im Kiefer nicht stimmt und versucht automatisch dagegen zu halten und zu pressen. Hierdurch resultieren unter anderem die ersten Schlafstörungen. Als kieferorthopädische Schlafmedizinerin berate ich meine Patienten gerne zu kieferorthopädischen Fehlbildungen und wie die nicht vollständig funktionierende Atmung die Schlafqualität beeinflusst und somit zur funktionellen Beeinträchtigung führen kann.

Insbesondere in der Wachstumszeit können sich die Symptome deutlich verschlimmern. Wird der Kopf schief gehalten, kann es zu massiven Asymmetrien im gesamten Skelett kommen. Dies kann noch Jahre später zu Bandscheibenvorfällen oder ähnlichen Problemen führen. Eine weitere Folge der beeinträchtigen Atmung und des zu schmalen Oberkiefers, ist eine beeinträchtigte Nasenatmung. Diese kann bereits bei kleinen Kindern zu einer obstruktiven Schlafapnoe führen. Obstruktion bedeutet, dass sich die Atemwege verengen und daraus resultierend ein Schlafapnoe-Syndrom entsteht. Erhält das Kind oder der Erwachsene zu wenig Sauerstoff, kann sich dies massiv auf die kognitiven Fähigkeiten, auf die Entwicklung und insbesondere die Gehirnentwicklung auswirken.

Behandlung und Therapieansätze für den Kreuzbiss

Um schwerwiegende Folgen zu vermeiden, sollte man rechtzeitig darauf achten, eine frühe Behandlung einzuleiten. Der Kreuzbiss wird in der Regel während der Wachstumszeit nicht zwangsläufig besser, sondern verschlimmert sich sogar. Aus medizinischer Sicht ist eine frühkindliche Indikation über die gesetzliche Krankenkasse ratsam. Dr. Christine Voslamber prüft bereits ab dem 4. Lebensjahr, inwieweit der Kreuzbiss ausgeprägt ist. Sollte eine Behandlung notwendig sein, empfiehlt sie, diese bereits vor der Einschulung zu beginnen. So kann das Kind bereits zur Einschulung auf eine lose Haltespange für die Nacht umsteigen.
Damit sich sowohl Eltern als auch Kinder auf die mögliche Therapie einstellen können, erklären wir in unserer Praxis, wie der Behandlungsverlauf aussieht. Grundsätzlich gibt es bei der Kreuzbiss Therapie im Kindesalter die sogenannte Gaumennahterweiterung oder die aktive Platte.

Was ist eine Gaumennahterweiterung?

Die Gaumennahterweiterung (kurz: GNE) wird fest über die Milchzähne im Oberkiefer zementiert. Dies wird in der Regel sehr gut angenommen und stellt keinerlei Probleme beim täglichen Zähneputzen dar. Der Kleber besteht aus einer flouridabgebenen und zahnfreundlichen Masse und befestigt die Spange im Mundraum. Etwa 1 bis 2 Mal am Tag wird die Schraube der Erweiterung gedreht, sodass sich der Kiefer schnell in der Breite erweitert. Gerade zu Beginn der Behandlung kann es zu einem leichten Druck kommen. Generell lässt sich jedoch festhalten, dass eine Therapie bei jüngeren Patienten zumeist weniger kompliziert und somit vorzuziehen ist. Dies ist in der noch nicht verknöcherten Gaumennaht im Kindesalter begründet.

Wie lange dauert die Behandlung?

Die Erweiterung selbst dauert nur etwa 1 bis 2 Wochen. Anschließend verbleibt die Gaumennahterweiterung zur Stabilisierung noch etwa 4 bis 6 Monate im Kiefer. Nur so kann sich der Knochen neu bilden. Nach dieser Zeit wird die GNE herausgenommen und durch eine lose Haltespangenplatte ersetzt. Der Kreuzbiss ist zu dieser Zeit bereits beseitigt und das Kind bemerkt in der Regel sofort eine verbesserte Atmung.

Was ist eine aktive Platte?

Als Alternative zur GNE gibt es die aktive Platte, die man herausnehmen kann. Dr. Christine Voslamber empfiehlt diese Methode bei einem vollen Kreuzbiss nur bedingt. Gerade im Kindesalter wird die Platte nicht durchgehend getragen oder unterwegs herausgenommen. Zusätzlich reicht der Druck einer losen Platte nicht aus, um den Oberkiefer nachhaltig zu erweitern. Wir empfehlen daher in den meisten Fällen eine festsitzende Gaumennahterweiterung für den vollen Kreuzbiss.

Nachsorge nach der Therapie

Nach der Gaumennahterweiterung ist eine sogenannte „myofunktionelle Therapie“ und Logopädie notwendig bzw. sinnvoll. So kann unter anderem Sigmatismus oder eine tiefe Zungenlage erfolgreich behandelt werden und das Ergebnis weiter stabilisieren.

Weiterhin ist ein Funktionsregler nach Fränkl für eine verbesserte Stabilisierung sinnvoll. Die herausnehmbare Spange kann Patienten auch nahhaltig begleiten.

Vorteile einer Kreuzbiss Therapie

Der positive Nebeneffekt einer Behandlung ist die verbesserte Nasenatmung, da das Gaumendach direkt mit dem Nasenboden verbunden ist. Parallel zur kieferorthopädischen Behandlung, sollte man einen HNO (= Hals-Nasen-Ohren Arzt) aufsuchen und weitere mögliche Ursachen abklären. So können zum Beispiel Polypen, Obstruktionen oder dicke Mandeln eine weitere Ursache für eine schlechte Atmung darstellen.
Wird die Therapie mittels einer Gaumendacherweiterung durchgeführt, wird die Nasenatmung signifikant verbessert und der Patient fühlt sich besser, wacher und ist nicht mehr so müde wie zuvor.

Kreuzbiss – ist eine Therapie als Erwachsener möglich?

Wer die Behandlung im Kindesalter versäumt hat, der kann auch im Erwachsenenalter eine Behandlung in Betracht ziehen. Hier kommt es auf die Ausgangslage an, die der Kiefer hat. Ist es ein Kreuzbiss von nur einem Zahn oder ist bereits eine ganze Kieferseite im Wachstum zurückgeblieben? Diese Entscheidungsfaktoren fließen in eine mögliche Therapie mit ein.

Hat sich der volle Kreuzbiss bereits aus Kindheitstagen manifestiert, dann muss nicht selten operativ unterstützt werden. Da der Eingriff vergleichsweise umfangreich daherkommt, macht dieser nur Sinn, wenn der Patient über starke funktionelle Beeinträchtigungen klagt. Hierzu zählen unter anderem andauernde Kopfschmerzen oder Schmerzen im Nackenbereich. Ist dies der Fall, sollte über einen chirurgischen Eingriff nachgedacht werden.

Fazit

Ein Kreuzbiss mit Kieferverschiebung ist nicht zwangsweise ein ästhetischer Mangel, sondern vielmehr ein behandlungsbedürftiger Befund. Je früher der Kreuzbiss festgestellt, desto leichter fällt die Behandlung aus. Doch auch im Erwachsenenalter kann ein Kreuzbiss behandelt werden. Sprechen Sie uns gerne an.

Dr. Voslamber - Praxis für Kieferorthopädie hat 4,82 von 5 Sternen | 148 Bewertungen auf ProvenExpert.com