Grundsätzlich gilt in Deutschland nach Paragraf 76 SGB V das Recht der freien Arztwahl. Mit Beginn eines neuen Quartals ist ein Arztwechsel grundsätzlich ohne Probleme möglich, doch es gibt Ausnahmen. Befindet sich der Patient nämlich in einer beantragungs- und genehmigungspflichtigen Behandlung, etwa durch einen Zahnarzt oder Kieferorthopäden, dann kann sich ein Wechsel als recht schwierig erweisen, denn dieser darf nur in Rücksprache mit der zuständigen Krankenkasse und laut Bundesmantelvertrag – Zahnärzte „nur bei Vorliegen eines triftigen Grundes“ (§ 8 BMV-Z) erfolgen.
Arzt – Patient – Krankenkasse: Zusammenhang und Hintergründe
Einer kieferorthopädischen Behandlung geht immer ein aufklärendes Beratungsgespräch zwischen Behandler und Patient voraus. Der Kieferorthopäde führt auch eine Anfangsuntersuchung durch, bei der unter anderem Röntgenbilder des Gebisses (Panoramaröntgenbild, Fernröntgenaufnahme des Schädels) und der Hand sowie Fotos (Gesicht, Kopf und Körper) gemacht und Abdrücke der Kiefer genommen werden. Eine genaue Analyse gibt dem behandelnden Arzt Aufschluss über Art und Ablauf der Behandlung. Mit diesem Befund kann er einen entsprechenden Heil- und Kostenplan erstellen, welcher dann bei der zuständigen gesetzlichen Krankenkasse beantragt wird. Jeder einzelne Fall unterliegt dabei einer gründlichen Prüfung. Sie entscheidet darüber, ob die Behandlung genehmigt wird und die anfallenden Behandlungskosten erstattet werden. Ist der Bescheid positiv, übernimmt die Krankenkasse 80 % der Kosten und der Patient zahlt einen Eigenanteil von 20 %, als Sicherheitsleistung, welche er nach Therapieabschluss zurückerstattet bekommt.
Der beantragte Heil- und Kostenplan bezieht sich dabei ausschließlich auf diese drei Parteien: Arzt – Patient – Krankenkasse, daher können eigenmächtige Entscheidungen des Patienten, etwa einen Wechsel oder eine vorzeitige Beendigung, den Verlust des Eigenanteils zur Folge haben.
Welche Gründe rechtfertigen einen Wechsel?
Es gibt wenige Gründe, die hierbei als triftig bezeichnet werden können und einen relativ problemlosen Wechsel möglich machen. Grundsätzlich muss der Patient bei einem geplanten Praxiswechsel immer beachten, dass er alle Schritte, die im Zusammenhang mit seiner laufenden Behandlung stehen, mit seiner zuständigen Krankenkasse abspricht.
1. Umzug
Ein Behandlerwechsel kann dann erfolgen, wenn der Patient durch einen Umzug seine laufende Behandlung nicht mehr ordnungsgemäß wahrnehmen kann und der Behandlungserfolg dadurch gefährdet ist. Die Leistungspflicht der Krankenkasse führt in diesem Fall nicht zum Erliegen. Unter Umständen wird eine abermalige Genehmigung seitens der Krankenkasse erforderlich. Der Patient sollte den Sachverhalt jedoch zeitnah mit seiner Krankenkasse absprechen und sich diesbezüglich auch beraten lassen.
2. gestörtes Vertrauensverhältnis
In der Regel dauert eine kieferorthopädische Behandlung etwa 3 bis 4 Jahre – eine recht lange Zeit also. Hier ist eine gute vertrauensvolle Basis zwischen Arzt und Patient für den Behandlungserfolg von essenzieller Bedeutung, denn wenn beispielsweise das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört ist und jeder Termin zur Tortur wird, ist die Gefahr eines Behandlungsabbruchs äußerst hoch. Das ist weder im Interesse des behandelnden Arztes noch des betroffenen Patienten. Ein gestörtes Vertrauensverhältnis ist meist eine zwischenmenschliche Problematik. Sie liegt beispielsweise dann vor, wenn es zu Beleidigungen, Bedrohungen oder Beschimpfungen oder Meinungsverschiedenheiten über die Art und Weise der Behandlung kommt. Allerdings ist ein Wechsel aus rein persönlichen Gründen nicht grundsätzlich gestattet. Es muss gute Argumente und auch Belege für diese Anschuldigungen geben. Auch kann der Kieferorthopäde selbst zu dem Sachverhalt angehört werden.
Eine Verletzung des Vertrauensverhältnisses kann es auch seitens des Arztes geben und auch dieser kann die Behandlung aus bestimmten Gründen abbrechen. Werden beispielsweise permanent Termine oder Terminabsprachen nicht eingehalten oder kommt der Patient nachweislich seiner Mitwirkungspflicht (schlechte Mundhygiene, Ignorieren von Hinweisen) nicht nach, kommt es zuerst zu einer Ermahnung des Patienten durch seine Krankenkasse und bei weiterführenden Missständen zur Kündigung des Behandlungsverhältnisses. Auch in diesem Fall wird der Eigenanteil der Behandlung nicht erstattet.
Was passiert mit der Patientenakte?
Bei einem erlaubten Behandlerwechsel werden dem Zweitbehandler alle vorangegangen ärztlichen Dokumente in Kopie ausgehändigt. Die Originale verbleiben dabei immer beim Erstbehandler, denn dieser muss seine Patientenakten 10 Jahre lang zur Nachweispflicht aufbewahren. Der Patient kann diese jedoch zu jeder Zeit im Original einsehen.
Eine Ausnahme machen allerdings Röntgenaufnahmen. Diese werden dem Zweitbehandler im Original übergeben, um den Patienten keiner erneuten Röntgenstrahlenbelastung aussetzen zu müssen.